Elternunterhalt Teil I
Einsetzbarkeit des Vermögens bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt
Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass immer mehr Kinder auf Leistung des Elternunterhalts in Anspruch genommen werden.
Die hierfür typische Fallkonstellation sieht wie folgt aus: ein Elternteil lebt in einem Altenpflegeheim. Da er die Kosten des Heimaufenthalts aus seinen Einkünften und der Leistungen der Pflegeversicherung nicht vollständig aufbringen kann, wird ihm Sozialhilfe gewährt. Der Anspruch des Elternteils auf Elternunterhalt geht mit der Inanspruchnahme der Sozialhilfe auf den Träger der Sozialleistung über. Dieser macht dann gegenüber dem Kind den Anspruch auf Elternunterhalt geltend.
Anspruch auf Elternunterhalt ergibt sich aus dem § 1601 BGB, wonach Verwandte in gerader Linie verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren.
Gemäß § 1603 Abs. 1 BGB ist nur derjenige nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne die Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Hierzu außerstande ist jedoch nicht, wer über verwertbares Vermögen verfügt.
Über die Verwertbarkeit des Vermögens des Unterhaltspflichtigen entschied der BGH in einem Beschluss vom 07.08.2013, XII ZB 269/12. Es wurde u. a. über die Einsetzung einer selbstgenutzten Immobilie, sonstigen Vermögens sowie über das sog. Notgroschen entschieden.
I. Zur Einsetzung einer selbst genutzten Immobilie:
Hinsichtlich einer selbst genutzten Immobilie führte das erkennende Gericht aus, dass diese im Rahmen der Vermögensbewertung nicht grundsätzlich unberücksichtigt bleiben muss. Eine Verwertungspflicht besteht jedenfalls dann nicht, wenn es sich um ein den jeweiligen Verhältnissen angemessenes Wohneigentum handelt(BGH, Beschluss vom 07.08.2013, XII ZB 269/12).
Auch bei der Bemessung der Höhe des Wohnwertes ist nicht die bei einer Fremdvermietung erziehbare objektive Marktmiete, sondern lediglich die ersparte Miete zu berücksichtigen.
II. Zur Einsetzung sonstigen Vermögens:
Nach ständiger Rechtsprechung des BHG (vgl. BGH, Beschluss vom 30.08.2006, XII ZR 98/04, BGH, Beschluss vom 07.08.2013, XII ZB 269/12) muss das unterhaltspflichtige Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen.
Einschränkungen der Obliegenheit zum Einsatz des Vermögensstamms ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht.
Eine Verwertung des Vermögensstamms kann somit dann nicht verlangt werden, wenn sie den Unterhaltsschuldner von fortlaufenden Einkünften abschneiden würde, die er zur Erfüllung weiterer Unterhaltsansprüche oder anderer berücksichtigungswürdiger Verbindlichkeiten oder zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts benötigt, so der BGH (vgl. BGH, XII ZB 269/12, Beschluss vom 07.08.2013).
Maßgeblich für die Ermittlung der Höhe des Vermögens, das zur Zahlung des Elternunterhalts nicht eingesetzt wird, sind die Anzahl der Berufsjahre des Unterhaltspflichtigen und die Höhe seines Jahresbruttoeinkommens. Denn bei einem Unterhaltspflichtigen sind auch die Kosten der eigenen zusätzlichen Altersversorgung bis zu einer Höhe von 5 % des Jahresbruttoeinkommens mit einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3-4 % als Schonvermögen anzuerkennen.
In dem zu entscheidenden Fall hat das erkennende Gericht ein Altersvorsorgevermögen von € 104.767,45 errechnet. Der Berechnung hat es ein monatliches Bruttoeinkommen von € 2.284,83 bei einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3 % sowie 40 Berufsjahre zugrunde gelegt.
Der BGH begründete es damit, dass das aus den Beiträgen für die zusätzliche Alterssicherung gewonnene Kapital auch für die Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen zur Verfügung stehen muss und ist deshalb dem Elternunterhalt nach § 1603 Abs. 1 BGB entzogen.
III. Zum Notgroschen des Unterhaltsschuldners:
Ferner ist dem Unterhaltsschuldner ein sog. Notgroschen für Fälle plötzlich auftretenden Sonderbedarf zu belassen.
Hinsichtlich der Höhe des Notgroschens führte das erkennende Gericht aus, dass der sozialhilferechtliche Schonbetrag die untere Grenze darstellen soll. Nicht zuletzt, weil dieser Betrag auch dem Unterhaltsberechtigten zusteht (vgl. § 90 SGB XII), der fremde Hilfe zur Deckung seines Lebensbedarf in Anspruch nimmt.
Darüber hinaus wird vertreten, für Notfälle seien jedenfalls drei Netto-Monatsgehälter zu reservieren (Hauß, Elternunterhalt 4. Aufl. Rn. 514). Teilweise wird angenommen, ein Schonbetrag von € 10.000,00 bis € 26.000,00 sei unabdingbar (MAH Familienrecht/Günther 3. Auf. § 11 Rn. 93; Heiß/Born/Hußmann Unterhaltsrecht 13. Kap. Rn. 74).
Welcher der oben genannten Schonbeträge tatsächlich Berücksichtigung findet, kann nicht pauschal festgelegt werden. Auch hier spielen die Umstände des Einzelfalls, wie die Einkommensverhältnisse und sonstige Unterhaltsverpflichtungen des Unterhaltsschuldners eine entscheidende Rolle.