Erwachsenenadoption: Steuersparmodel, Erbschleicherei oder doch ehrlicher Ausdruck tiefer Verbundenheit? Der Gesetzgeber hat klare Regeln erlassen, um sicher zu stellen, dass einer solchen Adoption tatsächlich eine echte Eltern-Kind-Beziehung zugrunde liegt. Was aber, wenn der Erwachsene parallel zur rechtlichen auch eine leibliche Familie hat? Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) kürzlich zu befassen (Beschluss v. 18.04.2018, 2 UF 144/17).

 Grundlage für Adoptionen – bei Erwachsenen ebenso wie bei Minderjährigen – ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), genauer gesagt § 1767. Voraussetzung ist ein notariell beurkundeter Antrag sowie ein positiver Entscheid des Familiengerichts. Bei Erwachsenen ist u. U. auch die Zustimmung der Ehegatten erforderlich. Auch die Kinder des Adoptierenden müssen gehört werden, um sicherzustellen, dass dieser Schritt nicht ihren Interessen entgegensteht. Soweit die formalen Voraussetzungen.

Bei der Entscheidung des Gerichts spielt dann aber eine ganz andere Frage eine zentrale Rolle: Gibt es eine sittliche Rechtfertigung für diese Adoption? Finanzielle Erwägungen mögen eine Rolle spielen. Im Vordergrund aber muss der familienbezogene Zweck stehen. Es muss eine tatsächliche Eltern-Kind-Beziehung vorliegen. Beleg dafür kann z.B. sein, dass beide die Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand glaubhaft darlegen.

Genau das hatten ein 81 Jahre alter Mann sowie ein 39-Jähriger getan. Beide verbindet eine langjährige Freundschaft. Sie kennen sich bereits aus Zeiten, in denen der Jüngere die Schule besuchte, in der der Ältere damals unterrichtete. Inzwischen sind die Männer Nachbarn. Der 81-Jährige hat seinem jüngeren Freund ein Grundstück zur Verfügung gestellt. Beide verbinden gemeinsame Interessen und Überzeugungen. Auch die Familien sind in das enge Verhältnis der Männer eingebunden. Man hilft sich und verbringt gerne Zeit miteinander. Selbst das Gericht wertet die Beziehung als „Verhältnis, das über eine generationenübergreifende Freundschaft weit hinausgeht“. Trotzdem hat das Familiengericht den Antrag auf Erwachsenenadoption zunächst abgewiesen. Der Grund: die intakte Beziehung des 39-Jährigen zu seinen leiblichen Eltern.

Das Beschwerdegericht gab dem Antrag dagegen statt. Es hält ein Nebeneinander von leiblicher und rechtlicher Familie ausdrücklich für möglich und bezieht sich dabei auf § 1770 Abs. 2 BGB. Die Erwachsenenadoption berühre nicht die Rechten und Pflichten des Adoptierten zu seiner Familie; die wechselseitigen Erb- und Unterhaltsansprüche bleiben bestehen. Insofern sei es nicht zulässig, eine Erwachsenenadoption aufgrund einer intakten Beziehung zur leiblichen Mutter oder zum leiblichen Vater abzulehnen.