BAG, Urteil vom 21.04.2016 – 8 AZR 474/14

Sachverhalt
Der Arbeitnehmer war in einem Abholmarkt beschäftigt und hatte die Aufgabe, Leergut von Kunden entgegenzunehmen und die Pfandbeträge an die Kunden auszuzahlen. Der Arbeitgeber stellte im EDV-System extrem hohe Leergutbestände fest. Eine Überwachung hat ergeben, dass der Arbeitnehmer zu Gunsten eines Kunden eine Leergutbuchung i.H.v. 595 € erstellte, obwohl kein Leergut abgegeben wurde. Der Arbeitnehmer hat bei einer Vernehmung zugegeben, dass er zu Gunsten dieses Kunden Leergutannahmen vorgetäuscht und er von dem Gewinn 60-80.000 € bekommen hat. Kurz darauf diktierte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein „Schuldanerkenntnis“. In diesem Schreiben erkannte der Arbeitnehmer an, dass durch sein vorsätzliches Fehlverhalten dem Arbeitgeber ein Schaden i.H.v. 210.000 € entstanden ist, die er dem Arbeitgeber schuldet. Der Arbeitnehmer hat später dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass er sein Geständnis teilweise zurück zieht und bereit ist nur 10.000 € zu zahlen. Daraufhin hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf Zahlung von 200.000 € verklagt.

Entscheidung
Das BAG hat das vom Arbeitnehmer unterschriebene Schuldanerkenntnis als wirksam gesehen. Seine Grundlage liegt in der Vertragsfreiheit. Die Richter haben das Schuldanerkenntnis nicht für sittenwidrig gehalten.

Dabei hat es sich im Fall um das sogenannte deklaratorische Schuldanerkenntnis gehandelt. Mit einem solchen Anerkenntnis wird eine bestehende Schuld lediglich bestätigt. Damit wollen die Parteien einen Streit über das Schuldverhältnis vermeiden und es endgültig festlegen. Das bewirkt, dass der Arbeitnehmer keine Einwendungen gegen die anerkannte Schuld erheben kann, die ihm bei Abgabe seiner Erklärung bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete.

Praxishinweis
Stellt der Arbeitgeber einen Betrug bzw. Unregelmäßigkeiten fest, wird er den Arbeitnehmer nicht nur zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages drängen, sondern wird auch versuchen den Arbeitnehmer zur Zahlung eines Schadensersatzes mittels Schuldanerkenntnis zu verpflichten. Der Schaden wird meistens hochgerechnet und erreicht teilweise astronomische Summen. Wer eine solche Erklärung unterschreibt, hat nachher keine Möglichkeit sich davon durch eine Anfechtung oder die Geltendmachung der Sittenwidrigkeit zu befreien. Der Arbeitgeber muss nicht jeden Schadensfall beweisen und kann sich auf das von ihm diktierte Schuldanerkenntnis berufen, das meistens unter erheblichen Druck zustande gekommen ist.