Familienrecht: Kindschaftssachen
Kindesunterhalt: Anspruchsvoraussetzungen und Höhe; Umgang und Sorgerecht: Aufenthaltsbestimmungsrecht, Vermögenssorge, etc.
Wichtige Fragen und Antworten zum Thema
Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt danach eine tragfähige soziale Beziehung, Gelingen der Kommunikation und ein Mindestmaß an Übereinstimmung voraus (vgl. FamRZ 2016, 2127).
Fehlt in einem der Sorgerechtsbereichen an Übereinstimmung, ist es geboten, die gemeinsame elterliche Sorge – wenigstens bezogen auf diesen Bereich aufzuheben. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn für diesen einen Bereich ein akutes Regelungsbedürfnis besteht.
Ein akutes Regelungsbedürfnis liegt z.B. vor, wenn die Eltern sich nicht über den weiteren Aufenthalt ihres Kindes (aus welchen Gründen auch immer) verständigen können. Schon ihre Uneinigkeit ist hinreichender Grund für die Aufhebung der gemeinsamen Sorge – jedenfalls im Teilbereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts.
Auf der ersten Stufe ist somit zu prüfen, ob sich die Eltern darüber einig sind, in welchem Haushalt das Kind getrennter Eltern hauptsächlich leben, aufwachsen und betreut werden soll.
Scheitert eine gemeinsame Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrecht an der Uneinigkeit der Kindeseltern, so ist auf der zweiten Prüfungsstufe des §§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB festzustellen, welcher Elternteil – allein – zu dessen Ausübung besser geeignet ist.
Nachstehende Kriterien spielen dabei eine wichtige Rolle:
-Bindung des Kindes an Eltern und Geschwister;
– Erziehungsbefähigung;
– Förderungsmöglichkeiten;
– Kontinuitätsgrundsatz;
– Kindeswille.
Dabei müssen die o.g. Kriterien nicht kumulativ nebeneinander stehen. Welches der Kriterien mehr und welches minder gewertet wird, entscheidet im Einzelfall der Tatrichter.
Mehr dazu: BGH, FamRZ 1990,392 ff; FamRZ 2016, 2127.
Trägt dagegen ein Elternteil die überwiegende Verantwortung für das Kind, liegt auch bei über das übliche Maß hinausgehenden Offenhalten des Kindes beim anderen Elternteil kein Wechselmodell vor, sondern ein Fall des erweiterten Umgangs.
Für die Beantwortung der Frage, ob ein Kind räumlich getrennt lebender Eltern im Residenz- oder im Wechselmodell betreut wird, ist maßgeblich, ob beide Elternteile trotz Trennung das Kind weiterhin in Obhut haben, das heißt bei keinem Elternteil der Schwerpunkt der tatsächlichen Förderung und Fürsorge liegt und keiner die Hauptverantwortung hat. Dabei kommt dem zeitlichen Einsatz der Eltern bei der Betreuung des Kindes eine besondere Bedeutung zu.
Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflicht im Sinne des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB bereits durch Erziehung und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung.
Letztlich kommt es darauf an, welcher Elternteil verantwortliche Maßnahmen (Arztbesuch, Elternbesprechung) vornimmt und inwieweit die Eltern hierbei kooperieren (Aufgaben besprechen und verteilen). Ebenso zu beachten sind: die Strukturierung des kindlichen Tagesablaufs morgens und abends; organisatorische Aufgaben der Kindesbetreuung wie Beschaffung von Kleidung und Schulutensilien; Regelung und Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten (Sport- und Musikunterricht).
Ein Wechselmodell liegt vor, wenn die Eltern sich in der Betreuung abwechseln, so dass auf jeden von ihnen etwa die Hälfte der Pflege und Versorgung entfällt.
Ein Fall des erweiterten Umgangs liegt vor, wenn der Umgangsanteil des nicht betreuenden Elternteils zwischen dem Umgang jedes zweite Wochenende und den hälftigen Ferien und dem Wechselmodell liegt.
Ein Residenzmodell liegt vor wenn der Umgang des nicht betreuenden Elternteils mit dem Kind jedes zweite Wochenende und während der hälftigen Ferien stattfindet.
BGH Entscheidungen zum Thema Wechselmodell finden Sie in: FamRZ 2006, 1246; FamRZ 2007, 707; FamRZ 2014, 917; FamRZ 2015, 236; FamRZ 2015, 1845.
Nach der Rechtsprechung des BGH haben im Fall des Wechselmodells beide Elternteile gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB für den Barunterhalt einzustehen (FamRZ 2015,236). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Elternteile gegenseitig von der Kindesunterhaltspflicht freistellen.
Liegt keine ausdrückliche gegenseitige Freistellung von Kindesunterhaltsansprüchen vor, haften die Eltern gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB für Kindesunterhalt anteilig nach ihren Erwerbs- und Einkommensverhältnissen.
Ein Fall der Alleinhaftung eines Elternteils gemäß § 1606 Abs. 2 S. 2 BGB liegt beim Wechselmodell gerade nicht vor, denn nicht ein Elternteil allein betreut. Sind beide Elternteile leistungsfähig, wird der Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle bestimmt, wobei die Einkommensverhältnisse des jeweils haftenden Elternteils maßgeblich sind.
Die durch das Wechselmodell entstehenden Mehrkosten (vor allem Wohn- und Fahrtkosten sowie zusätzliche Kleidung) werden hinzugerechnet und sodann eine anteilige Haftung nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB durchgeführt (FamRZ 2006, 1015; FamRZ 2007,707; FamRZ 2015,236, 1849).
Meist wird dann eine Verrechnung der beiden Unterhaltsansprüche vertreten, mit der Konsequenz, dass sich ein Ausgleichsbetrag ergibt, den der besser verdienende Ehegatte an den anderen Ehegatten zu leisten hat (FamRZ 2010, 125, 127; FamRZ 2014, 88, 90).
Auch das Kindergeld ist gemäß § 1612 Buchst. b BGB hälftig zu verteilen (FamRZ 2015, 1809).
Beispiel der Unterhaltsberechnung beim Wechselmodell: FamRZ 2015, 1856.
Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen.
Betreuen die Eltern ihr Kind in der Weise, dass es in etwa gleich langen Phasen abwechselnd jeweils bei dem einen oder dem anderen Elternteil lebt, lässt sich ein Schwerpunkt der Betreuung nicht ermitteln. Das hat zur Folge, dass kein Elternteil die Obhut im Sinne von § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB hat.
Der Unterhalt begehrende Elternteil muss entweder die Bestellung eines Pflegers für das Kind herbeiführen, der dieses bei der Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs vertritt, oder muss beim Familiengericht beantragen, im gemäß § 1628 BGB die Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt allein zu übertragen (FamRZ 2006, 1015, 1016; FamRZ 2007, 707; FamRZ 2014, 917; FamRZ 2015, 1850).
Was wird gefragt? Wann und warum werden Kinder in familienrechtlichen Verfahren befragt?
Werden sich getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern bei den Fragen des Sorgerechts oder des Umgangs nicht einig, muss das Familiengericht entscheiden.
Bei seiner Entscheidung orientiert sich das Familiengericht am Kindeswohl. Um den Willen des Kindes herauszufinden aber auch künftige Perspektiven zu besprechen, wird das Kind von Gericht angehört.
Kinder ab dem 14. Lebensjahr müssen von Familiengerichten zwingend angehört werden.
Auch Kinder unter 14 Jahren sollen laut Gesetz von Familienrichtern angehört werden, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung wichtig sind. Das bedeutet, dass auch der Wille von Kindern unter 14 Jahren zählt, und zwar umso mehr, je älter und reifer die Kinder sind.
In der Regel werden Kinder ab dem 3. Lebensjahr angehört.
Die Anhörung des Kindes findet nicht im Gerichtssaal, sondern in einem separaten, kindergerechten Raum statt.
Bei der Anhörung des Kindes sind die Eltern nicht dabei. Soweit das Kind damit einverstanden ist, kann ein Verfahrensbeistand bei der Anhörung anwesend sein.
Zum Aufwärmen wird mit neutralen Themen wie Freizeitaktivitäten, Kita, Schule, Bekannten- und Freundeskreis begonnen.
Sodann werden die typischen Beziehungs- und Bindungsfragen gestellt, die sich am Alter und Entwicklung des Kindes orientieren. So kann z.B. gefragt werden, wer dem Kind einen guten Rat geben könnte, wenn es nicht weiter weiß oder wer das Kind ins Bett bringen, es trösten oder ihm bei den Hausaufgaben helfen soll.
Die Anhörung des Kindes dient der Erfassung von Beziehungs- und Bindungsqualitäten, Wünschen, Hoffnungen, Vorstellungen und des Willens des Kindes. Es geht darum zu erfahren, was dem Wohl des Kindes am besten dient.