Wann müssen Kinder für ihre bedürftigen Eltern aufkommen? In welcher Höhe müssen sie Mutter oder Vater unterstützen? Und muss der Nachwuchs unter Umständen sein Vermögen opfern? Immer häufiger rücken Fragen des Elternunterhalts in den Fokus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).  Und nicht selten geht es dabei um Immobilien. Welche Rolle spielen selbstgenutzte Immobilien bei der Ermittlung der Unterhaltshöhe? Und was passiert, wenn die Kinder eine solche Immobilie bereits an die nächste Generation übertragen haben? Müssen sie diese zurückfordern?

Auch ein Fall, der kürzlich vor dem Oberlandesgericht Hamm verhandelt wurde, beschäftigte den BGH. Dabei ging es um die Frage, ob ein Sohn eine Immobilie, die er seiner Tochter übertragen hatte, zurückfordern muss, um an seine bedürftige Mutter mehr Elternunterhalt leisten zu können (XII. ZS, Beschluss v. 20.2.2019).

Geklagt hatte der Sozialhilfeträger, der für die im Altersheim lebende Mutter des Antraggegners bis zu deren Tod ein gutes halbes Jahr aufgekommen war. Der Träger war der Ansicht, dass der Sohn der Frau deutlich mehr zum Elternunterhalt hätte beisteuern müssen. Er forderte, dass der Sohn die Eigentumswohnung, in der er selbst mit seiner Gattin lebt, die er aber einige Jahre zuvor seiner Tochter per Schenkung übertragen hatte, zurückfordere.

Vorweg: Der Antrag wurde abgelehnt. Der BGH sah keinen weitergehenden Anspruch auf Elternunterhalt und auch keine Notwendigkeit die Schenkung zurückzunehmen. Warum?

Grundsätzlich besteht in vielen Fällen ein solcher Rückforderungsanspruch. Reicht das Einkommen der Kinder nicht aus, um den Elternunterhalt zu decken, wird unter Umständen deren Vermögen herangezogen, wozu auch Immobilien gehören – selbst wenn diese verschenkt wurden. Der Gesetzgeber hat jedoch ganz konkrete Voraussetzungen festgelegt, wann ein solcher Rückforderungsanspruch besteht. Und die sah das Gericht im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

So greift der § 528 I BGB, der den Rückforderungsanspruch begründet, nur dann, wenn derjenige, der etwas verschenkt, nach dieser Schenkung nicht mehr in der Lage ist, seine Unterhaltsansprüche zu erfüllen. Die Rückforderung muss dazu beitragen, die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Schenkers zu steigern.

Beides war im Fall des Sohnes nicht gegeben: Auch wenn er die Immobilie seiner Tochter geschenkt hatte, war ihm der Nutzungswert in vollem Umfang geblieben. Denn er hatte sich per Nießbrauch ein lebenslanges Wohnrecht zugesichert. Die Rückgewähr der Wohnung hätte demgegenüber seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht gesteigert, da er die Immobilie selbst nutzte.

Damit ist klar: Verschenkt ein zum Elternunterhalt verpflichtetes Kind seine selbstgenutzte, unterhaltsrechtlich als Vermögen nicht einsetzbare Immobilie und behält es sich einen lebenslangen Nießbrauch vor, so kann sich seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht durch einen Rückforderungsanspruch nach § 528 I BGB erhöhen.