Geschenkt ist geschenkt. Und wiederholen ist gestohlen. Tja, so eindeutig ist die Sache leider nicht immer. Vor allem nicht, wenn fremde Kulturen und Brauchtümer bei Eigentumsfragen eine Rolle spielen. So wie bei diesem Fall, der sich zwischen einem türkischstämmigen Ehepaar, das inzwischen getrennt lebt, zugetragen hat. Es geht dabei um eine alte Hochzeitstradition, wertvollen Schmuck und die Frage, wem dieser nach der Trennung gehört.

Das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss v. 25.4.2016 – II – 4 UF 60/16) hatte in diesem Fall zu entschieden und es hat der Ehefrau das Alleineigentum an dem Schmuck zugesprochen – mit teuren Konsequenzen für den Ehemann.

Aber der Reihe nach: 2009 hatte das Paar geheiratet, zunächst standesamtlich, später fand in der Türkei eine große Feier statt. Dabei wurden der Braut – wie es dort üblich ist – von verschiedenen Verwandten mehrere Schmuckstücke übergeben: Goldketten, Armreife und -ketten im Wert von mehreren Tausend Euro.

Zurück in Deutschland übergab die Braut den Schmuck dem Bruder ihres Gatten – mit der Bitte, diesen in einem Schließfach sicher zu verwahren. Doch als sich das Paar 2011 trennte, gab der Bruder die wertvollen Ketten und Armreife an den Ehemann. Und der ließ die Waren von seinem Vater in der Türkei verkaufen: für umgerechnet etwa 14.300 Euro.

Dagegen ging die Ehefrau gerichtlich vor: Denn sie sieht sich als Eigentümerin. Und sie ist der Meinung, der Schmuck sei wesentlich wertvoller. Sie forderte daher einen Wertersatz in Höhe von 29.100 Euro von ihrem Ehemann. Der bestritt allerdings nicht nur den höheren Wert, sondern erklärte sich darüber hinaus zum rechtmäßigen Eigentümer, da ihm der Schmuck angeblich geschenkt worden sei. Und mehr noch: Er forderte im Wege einer Hilfsaufrechnung 699 Euro, die ihm sein Ehefrau im Zuge des Gesamtschuldnerausgleichs gemäß § 426 Abs. 1 BGB für nach der Trennung aufgelaufenen Mietverbindlichkeiten zur Hälfte schulde.

Das OLG musste also entscheiden. Und: Es gab der Ehefrau recht. Es sprach ihr Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen widerrechtlicher Eigentumsverletzung in Höhe von 27.345 Euro zu. So viel sei der Schmuck laut eines Gutachtens, das das Gericht eingeholt hatte, wert.

Das Gericht sieht die Frau als Alleineigentümerin des Schmucks. Schließlich handle es sich um Damenschmuck. Zudem, so die weitere Begründung, sei es im türkischstämmigen Kulturkreis üblich, der Frau während der Hochzeitsfeier Goldschmuck zu übergeben, damit sie im Falle des Scheiterns der Ehe abgesichert ist. Das Gericht bezieht sich bei der Eigentumsfrage auf Art. 43 Abs. 1 EGBGB und das türkische Zivilrecht, da der Frau der Schmuck in der Türkei übereignet worden war. Den Gegenbeweis, wonach nicht die Frau, sondern der Ehemann Eigentümer ist, sieht das Gericht durch den Ehemann nicht erbracht.

Aufgrund der damit widerrechtlichen Eigentumsverletzung steht der Frau gemäß § 823 abs. 1 BGB Schadensersatz zu. Dabei bezog sich das Gericht gemäß Art. 40. Abs. 2 S. 1 EGBGB auf deutsches Recht.

Was den Wert des Schmuckes und damit die Höhe des Schadensersatzes anbelangt, vertraute das Gericht auf das Urteil von Sachverständigen. Dabei kam der Frau das Beweismaß des § 287 IS. 1 ZPP zugute. Denn die Experten konnten lediglich auf der Basis von Fotos Vergleichsstücke bewerten – schließlich war der Originalschmuck längst verkauft. Der Ehemann konnte zwar Quittungen vom Verkauf in der Türkei vorlegen. Die hielt das Gericht allerdings für bedeutungslos, da sie aufgrund der ungenauen Angaben nicht den einzelnen Schmuckstücken zugeordnet werden konnten.